Wald, der dem Klimawandel standhält, muss gezielt gefördert werden. Ein klimastabiler Wald besteht aus Bäumen verschiedener Altersgruppen und unterschiedlicher Baumarten.
Wir streben immer mindestens fünf Baumarten pro Fläche an, die ansteigende Temperaturen, Trockenheit und Stürme besser vertragen.
Natürliche Verjüngung reichern wir durch Pflanzungen klimastabiler Baumarten wie Eichen, Spitzahorn, Kirsche und Walnuss an. Wir experimentieren auch mit ganz neuen Baumarten.
Wie wir vorgehen
Natürliche Verjüngung
Aus den Samen der Elternbäume wachsen junge Bäume nach. Sie sorgen für den Generationenwechsel im Wald. Die sogenannte Naturverjüngung ist die natürlichste Form, wie sich ein Wald erneuern oder „verjüngen“ kann. Die Naturverjüngung bietet Vorteile gegenüber der Pflanzung, weil sich die Wurzel ungestört entwickeln kann und die Jungbäume vitaler und stabiler sind. Die Elternbäume produzieren eine große Samenanzahl, die pro Hektar zu einer viel größeren Anzahl an Jungbäumen führt, als wenn Menschen pflanzen oder säen. Auf naturverjüngten Flächen stehen oft mehrere hunderttausend kleine Sämlinge pro Hektar, in gepflanzten Kulturen nur wenige tausend. In der weiteren Entwicklung einer naturverjüngten Fläche nimmt die Baumzahl rasch durch die Konkurrenz um Licht, Nährstoffe und Wasser ab. Dadurch ist garantiert, dass sich die Bäumchen durchsetzen, die mit den jeweiligen Standortbedingungen am besten zurechtkommen.
Die einzelnen Baumarten haben höchst unterschiedliche Ansprüche an den Boden und an Licht. Damit sich ein Bestand gut natürlich verjüngen kann, schaffen wir schon im Vorfeld die richtigen Bedingungen dafür: Wie viel Licht benötigt wird, richtet sich nach den Baumarten, aus denen der zukünftige Bestand bestehen soll. Schattenertragende Baumarten wie Tanne und Buche sind besonders konkurrenzfähig bei geringem Lichteinfall. Fällt dagegen viel Licht in den Bestand, begünstigt dies Lichtbaumarten wie die Eiche.
Wir fördern gezielt solche Samenbäume, die sich besonders gut an die sich verändernden Klimabedingungen anpassen können. Manche Bäume kommen am gleichen Standort besser zurecht als andere. Durch eine Öffnung des Kronendaches wird der Lichteinfall und das Wasserangebot erhöht. Mehr Regen und Licht gelangt auf den Boden, wodurch sich die Bodenauflage aus Blättern und Nadeln besser zersetzt. Jungbäume können so leichter Fuß fassen, indem sie schnell Kontakt zum Mineralboden bekommen. In allen Lebensphasen eines Bestandes stehen die Bäume in Konkurrenz zueinander, wodurch es zu einer natürlichen Auslese kommt. Wir unterstützen diesen Prozess und fördern aktiv besonders großkronige und vitale Bäume. Auch langsamer wachsende Bäume, die aufgrund ihrer Klimatoleranz oder ihrer ökologischen Vorteile erwünscht sind, fördern wir aktiv.
Überall im klimastabilen Wald streben wir eine Mischung von mindestens drei, besser fünf standortgerechten Baumarten an. Damit minimieren wir das Risiko, dass ein Wald komplett abstirbt, wenn eine Baumart ausfällt. Daher ergänzen wir nach Bedarf die natürlich vorkommende Baumartenmischung durch die Pflanzung klimastabiler Baumarten. Die Waldverjüngung ist ein Prozess von Jahrzehnten. Damit sich die jungen Bäume gut entwickeln können, müssen wir sie vor Wildverbiss durch Rehe schützen, indem wir sie mit Wuchshüllen versehen oder junge Bestände einzäunen.
Pflanzung
Bepflanzt werden vor allen Dingen größere Flächen, auf denen zum Beispiel Tannen oder Fichten durch Hitze, Trockenheit und Sturm geschädigt oder von Borkenkäfern befallen und abgestorben sind. Auf größeren Flächen reicht es meist nicht aus, allein auf natürliche Verjüngung zu setzen. Insbesondere, wenn die vorher vorhandene Baumart, deren Samen vor allem vorhanden sind, sich unter zukünftigen klimatischen Bedingungen an diesem Standort nicht eignet. Auf diesen Flächen pflanzen wir einen Mix von mindestens drei, besser fünf Baumarten von denen zu erwarten ist, dass sie auf diesem Standort und mit den Folgen des Klimawandels gut zurechtkommen. Im Wald der Zukunft werden vor allem alte Bekannte wachsen: Buchen, Eichen, Weißtannen und auch Fichten ergänzt um andere standortangepasste Baumarten wie Kirsche, Spitzahorn, Douglasie, Walnuss und Pappel. Wir Forstleute werden in Zukunft sehr viel stärker darauf achten, dass die Baumarten nur auf den für sie geeigneten Standorten wachsen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Weißtanne, die auf Standorten in der Vorbergzone des Schwarzwalds und unter etwa 800 Metern wegen der Klimaveränderungen häufig Probleme hat. Im Hochschwarzwald hingegen findet die Weißtanne gute Bedingungen vor. Sie ist hier neben der Douglasie eine der Zukunftsbaumarten. Weißtannen sind weniger anfällig für Trockenstress und gleichzeitig wegen ihrer tiefreichenden Wurzeln sturmfester als Fichten. In hohen Lagen pflanzen wir Weißtanne, Kiefer, Lärche und Douglasie sowie Buche, Bergahorn und Kirsche. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler forschen bereits intensiv daran, welche nicht-heimischen Baumarten (Link neue Baumarten) künftig ohne Risiko das bereits hier vorhandene Baumartenspektrum erweitern könnten, um eine noch größere Auswahl möglicher Baumarten zur Verfügung zu haben.
Die Samen aus denen die Bäume der Zukunft wachsen werden, müssen genetisch vielfältig und an die Bedingungen des zukünftigen Standortes (wie z.B. Frost, Trockenheit und Vorkommen von Schadorganismen) angepasst sein.
Wenn junge Bäume gepflanzt werden, müssen wir sie vor Verbiss durch Rehe, Gämsen oder Rotwild schützen. Erst nach etwa fünf Jahren sind die Jungbäume so groß, dass die Gipfeltriebe nicht mehr vom Wild abgefressen werden können.
Für den Wildschutz gibt es zwei Varianten. Zum einen den Flächenschutz über Zäune, zum anderen Einzelschutzmaßnahmen.
Zäune haben den Vorteil, dass innerhalb der geschützten Fläche, alle Baum- und Straucharten ungehindert und ohne Wildeinfluss wachsen können. Hier ist daher die Artenvielfalt und Artendichte am höchsten. Allerdings stellen die Zäune für manche Wildtiere gefährliche Fallen dar. Auch sind Zäune nur schwer wilddicht zu halten, wenn z.B. angrenzende Bäume in den Zaun fallen und ihn niederdrücken oder Wildschweine die Zäune durchbrechen.
Als Einzelschutz nutzen wir bislang vor allem Wuchshüllen aus Kunststoff. Diese haben den Vorteil, dass sie für die gepflanzten Bäume nicht nur als Wildschutz dienen, sondern auch wie ein Mini- Gewächshaus wirken. Durch die guten Bedingungen in der Hülle wachsen die Bäume schneller aus der Reichhöhe des Wildes heraus. Bei Nadelbäumen, z.B. bei der besonders verbissgefährdeten Tanne, reichen manchmal auch einfache Plastikclips, Schafwolle oder Hanffasern, die über der Gipfelknospe befestigt werden, als Schutzmaßnahme aus. Inzwischen experimentieren wir Försterinnen und Förster im Landkreis mit Schutzgittern aus Eschen- und Kastanienholz, denn wir wollen möglichst kunststofffrei im Wald arbeiten. Holzgitter können stehen bleiben, bis sie verrotten, während die Kunststoffröhren wieder abgebaut und fachgerecht entsorgt werden müssen. Kulturen aus Naturverjüngung oder Pflanzung – egal ob mit Zaun, ohne Zaun oder mit Einzelschutz – brauchen viel Pflege. Gerade in der Anfangszeit muss bis zu zweimal im Jahr die bedrängende Begleitvegetation weggeschnitten werden. Dabei handelt es sich meistens um Brombeeren, Schlingpflanzen, schnellwüchsige Pinonierbäume und Sträucher. Je größer die Bäume werden, umso weniger müssen sie vor konkurrierenden Pflanzen geschützt werden.
Neue Baumarten
Aufgrund der Klimaveränderungen zeichnet sich auf vielen Waldstandorten ein Wandel der geeigneten Baumarten ab. Unsere bisherigen Hauptbaumarten Fichte, Tanne und Buche verlieren bei häufigerer Trockenheit und Hitze im Klimawandel an vielen Standorten an Vitalität und sterben frühzeitig ab. Deshalb bringen wir zunehmend bislang eher seltene heimische Baumarten, wie Traubeneiche, Winterlinde, Speierling, Elsbeere, Feldahorn und Flatterulme in den Baummix ein. Beispielsweise verträgt der Feldahorn sowohl trockene Perioden als auch Überflutungen. Flatterulmen können eine geeignete Wahl zur Wiederbewaldung von Flächen im Auwald sein. Und Elsbeeren und Speierlinge bereichern vor allem unsere trockenen Waldränder. Diese seltenen Baumarten können sich in der Regel schlechter gegen Konkurrenten durchsetzen und sich so natürlicherweise kaum in unseren Wäldern etablieren. Daher pflanzen wir sie gezielt und fördern sie aktiv, drängen also um Licht und Raum konkurrierende Baumarten zurück.
Neben den trockenresistenten heimischen Baumarten gibt es auch gut angepasste Baumarten aus Südeuropa, Asien oder Nordamerika, die sich inzwischen bei uns etabliert haben. Zum Beispiel wurden Esskastanien bereits durch die Römer nach Süddeutschland gebracht. Ebenso geht die aus Kleinasien stammende Walnuss auf die Kultivierung der Römer zurück. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die aus Nordamerika stammenden Douglasien und Roteichen erstmals bei uns angebaut. Inzwischen sind diese Baumarten aufgrund ihrer guten Wuchseigenschaften weit verbreitet.
Die Wissenschaft sucht bereits seit etwa 20 Jahren nach europäischen und außereuropäischen Alternativbaumarten, die auch mit steigenden Temperaturen und geringerem Sommerniederschlag zurechtkommen. Forstwissenschaftliche Forschungsanstalten führen hierzu langfristig angelegte Forschungsprojekte durch, um Empfehlungen für die Zusammensetzung eines klimastabilen Waldes an den unterschiedlichsten Standorten geben zu können. Nicht-Heimische Baumarten werden bezüglich ihrer potentiellen Invasivität untersucht. Invasive Pflanzen verbreiten sich schnell und unkontrolliert und können zu ökologischen Problemen führen, wenn dadurch heimische Pflanzen oder Baumarten zurückgedrängt werden.
Unsere Försterinnen und Förster im Landkreis haben testweise an Standorten in der Rheinebene seltene klimastabile Baumarten wie die Schwarznuss, Hybridnuss und den Tulpenbaum angepflanzt. In der Vorbergzone haben sie versuchsweise eine kleine Anzahl von Altlaszedern und Libanonzedern gepflanzt, um auch im Praxisversuch zu testen, ob sich diese Baumarten langfristig für unsere Standorte eignen. Die Bäume wurden in Absprache mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg gepflanzt und die Flächen werden wissenschaftlich betreut und untersucht.