Der Wald ist ein Ort der Artenvielfalt, den wir erhalten möchten. Deshalb schützen wir den Lebensraum Wald in seiner Gesamtheit und in seinen verschiedenen Entwicklungsstadien:
Wir setzen das Alt- und Totholzkonzept des Landes um, betreuen und erhalten Waldschutzgebiete und fördern durch verschiedene Maßnahmen den Artenschutz im Wald.
Konzepte und Maßnahmen
Alt- und Totholzkonzept
Alte und absterbende Bäume bieten einer Vielzahl von Lebewesen einen wertvollen Lebensraum. Schätzungen zufolge sind circa ein Drittel aller Arten die im Wald vorkommen abhängig von dem Vorhandensein von Alt- und Totholz. Viele Pilz- und Insektenarten ernähren sich von abstrebendem Holz und sind maßgeblich am Zersetzungsprozess beteiligt. Andere Arten benötigen alte Bäume und stehendes Totholz für ihre Kinderstuben: In Baumhöhlen leben zum Beispiel Baummarder, Siebenschläfer, Spechte, Eulen und Fledermäuse. Die Larven des Hirschkäfers wachsen unter der Erde auf und ernähren sich dort von unterirdischem, abgestorbenen Holz. In liegendem Totholz sind Insekten, Spinnen, Moose und Flechten beheimatet. Auch Amphibien wie Feuersalamander oder Erdkröte nutzen es als Tagesversteck. Die vielen Beispiele zeigen: Totholz ist ein entscheidender Faktor für die Sicherung der biologischen Vielfalt im Wald. Und nicht nur das: Totholz ist essenziell für ein funktionierendes Ökosystem, da es auch als Wasser- und Nährstoffspeicher dient.
Um diese wichtigen Elemente eines Waldökosystems zu fördern, hat das Land Baden-Württemberg das Alt- und Totholzkonzept entwickelt, eine umfassende Erhaltungs- und Entwicklungsstrategie für diese wertvollen Lebensräume.
Es sieht vor, dass im Wald ein Netz aus kleineren Flächen entsteht, die aus der Nutzung genommen werden, um einen natürlichen Alterungs- und Absterbeprozess zu ermöglichen. Solche Flächen sind sogenannte Waldrefugien und Habitatbaumgruppen: Waldrefugien bezeichnen Waldflächen von einem bis drei Hektar Größe, die dauerhaft nicht bewirtschaftet werden. Habitatbaumgruppen sind Gruppen von etwa 15 Bäumen, die in Beständen ausgewählt, markiert und ihrer natürlichen Entwicklung und Alterung überlassen werden.
Durch die Gruppierung der Habitatbäume wird das Risiko, das mit Alt- und Totholz einhergeht, auf abgrenzbare Flächen konzentriert, was für die Arbeitssicherheit wichtig ist. Denn Totholz im Wald kann auch ein Risiko für Erholungssuchende und Waldarbeitende darstellen. Da die Bäume an Vitalität verlieren und instabiler werden, können morsche Äste abbrechen und Stämme umfallen.
Unser Wald in Baden-Württemberg ist Teil verschiedener Schutzgebiete. Im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald haben wir Natura-2000-Gebiete, Naturparks, Biosphärengebiete, Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzgebiete, Bannwälder und Schonwälder. Diese verschiedenen Schutzgebietskategorien geben uns Förstern unterschiedliche Zielsetzungen und Regeln der Waldbewirtschaftung vor.
Die verschiedenen Anforderungen, die sich aus den Schutzgebieten ergeben, lassen wir alle zehn Jahre in die forstliche Betriebsplanung – die sogenannte Forsteinrichtung einfließen. Mit der Forsteinrichtung planen wir Maßnahmen für die kommende Dekade, um ökologische, wirtschaftliche und weitere Ziele im Wald zu erreichen. Bannwälder und Schonwälder sind Waldschutzgebiete, die wir zur Sicherung der biologischen Vielfalt im Wald ausgewiesen haben. Ihre Entwicklung wird durch die forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) wissenschaftlich begleitet und untersucht. Damit enden jedoch schon die Gemeinsamkeiten der Bann- und Schonwälder, denn der Weg zum Ziel sieht jeweils ganz unterschiedlich aus:
Einen Bannwald (§ 32 LWaldG BW) überlassen wir sich selbst und seinen natürlichen Entwicklungen. Wir bewirtschaften ihn nicht mehr und es finden auch sonst keine Eingriffe statt. Solche sogenannten Prozessschutzflächen, wie man sie auch in den Kernzonen von UNESCO-Biosphärengebieten und Nationalparks findet, dienen der Erforschung, wie sich Wälder vom Menschen ungestört zu den „Urwäldern von morgen“ entwickeln. Bis sich urwaldähnliche Strukturen entwickeln, dauert es – je nach Ausgangszustand – jedoch sehr lange. Denn das natürliche Leben eines Baumes beträgt oft mehr als 400 Jahre.
Schonwälder (§ 32 LWaldG BW) hingegen pflegen wir aktiv und verfolgen dabei jeweils spezielle Ziele: Beispielsweise pflegen wir Wälder mit dem Ziel, bestimmte Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten zu fördern, historische Waldformen wiederherzustellen oder bestimmte Waldgesellschaften zu erhalten. Dies ist etwa bei Eichenmischwäldern notwendig, da andere Baumarten der Eiche im Wachstum überlegen sind und diese sonst verdrängen würden. Diese Pflegemaßnahmen unterliegen bestimmten Auflagen, die in der jeweiligen Schutzgebietsverordnung des Schonwaldes aufgelistet sind.
Unsere vielfältige Landschaft im Landkreis von der Rheinebene über den Kaiserstuhl und Schönberg bis in die hohen Schwarzwaldlagen beim Feldberg und Belchen, sowie dem Baar-Schwarzwald im Osten bietet einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Für den Erhalt einiger dieser Arten tragen wir in Baden-Württemberg eine besondere Verantwortung. Daher sind sie geschützt und bedürfen einer besonderen Rücksicht und Förderung durch die Waldwirtschaft. Beispielhaft stellen wir ein paar dieser Arten vor und erklären, wie wir in der Forstwirtschaft die Lebensräume dieser Arten fördern.
Auerhuhn
Das Auerhuhn ist der größte Hühnervogel Europas. Im eurasischen Norden ist er weit verbreitet, während er in Zentraleuropa nur in den Mittelgebirgen und in den Alpen in kleinen Inselpopulationen anzutreffen ist. Im Schwarzwald hat die Population in den letzten Jahrzehnten trotz großer Bemühungen durch den „Aktionsplan Auerhuhn“ stark abgenommen. 2020 konnten nur noch 136 Auerhähne im Schwarzwald gezählt werden. Rund zehn Jahre zuvor waren es noch mehr als doppelt so viele. Das Auerhuhn lebt in Nadelwäldern mit offenen Strukturen und einer reichen Bodenflora aus Heidelbeeren und Kräutern. Waldbaulich wird in den relevanten Flächen auf diese Bedürfnisse eingegangen, indem der Wald aufgelichtet und die für das Auerhuhn notwendige Bodenvegetation gefördert wird: Projekt "Lücken für Küken".
Bechsteinfledermaus
Die Bechsteinfledermaus hat innerhalb Mitteleuropas ihren Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland. Daher tragen auch wir im Landkreis eine besondere Verantwortung für diese mittelgroße Fledermausart. Die Bechsteinfledermaus lebt im Wald. Dabei bevorzugt sie strukturreiche Laubwälder, die ihr als Jagd- und als Wohnquartier dienen. Sie lebt in Kolonien mit etwa 20 Fledermäusen und benötigt zusammenhängende Waldkomplexe in einer Mindestgröße von 250 bis 300 Hektar als Jagdhabitat. Als Quartiere dienen ihr hohle Bäume, Stammrisse, sowie Faul- oder Spechthöhlen, vereinzelt findet man sie auch hinter der abgeplatzten Borke von Bäumen. Die Bechsteinfledermaus nimmt auch gerne Vogel- oder spezielle Fledermauskästen an. Den Winter verbringt sie zum Beispiel in Höhlen, in Stollen alter Steinbrüche oder stillgelegter Bergwerke, sowie in Kellern. Mit der Erhaltung und Förderung strukturreicher Laubwälder, der Erhöhung des Alt- und Totholzanteils, geschützte Waldbereiche und gezielte Pflegemaßnahmen erhalten und vergrößern wir die Lebensräume der Bechsteinfledermaus.
Gelbbauchunke
Die dreieinhalb bis fünf Zentimeter große Gelbbauchunke ist vor allem an ihrer Unterseite zu erkennen. Während ihre Oberseite in braunen, unauffälligen Farben gehalten ist, warnt ihre gelb gefleckte Unterseite mögliche Fressfeinde. Ein weiteres Merkmal sind die für Unken typischen herzförmigen Pupillen. Die Gelbbauchunke benötigt temporäre Kleinstgewässer, wie sie sich in Traktorspuren, Pfützen und kleinen Wassergräben bilden. Solche vegetationsfreien Kleinstgewässer ziehen weniger Konkurrenten und Fressfeinde an. Zudem kann sich der Laich und die Larven der Gelbbauchunke in den sich schnell erwärmenden Kleinstgewässern rasch entwickeln. Die Gelbbauchunke profitiert von Wegegräben und Fahrspuren von Forstmaschinen, zum Beispiel auf Rückegassen. In Lebensräumen der Gelbbauchunke verzichten wir beispielsweise möglichst auf den Neubau befestigter Wege und befahren zwischen April und Oktober möglichst keine Kleinstgewässer.
Unsere größte heimische Käferart ist der Hirschkäfer mit einer Gesamtlänge von bis zu acht Zentimetern. Die Männchen sind deutlich größer als die Weibchen und haben einen breiten Kopf mit geweihartigen Oberkiefern. Hirschkäfer leben in Laubwäldern, Gärten und Parks. Sie brauchen alte und tote Laubbäume, am besten Eichen, als Lebensraum. Für die Paarung treffen sich Männchen und Weibchen am liebsten an sogenannten Leckstellen auf Bäumen. Dort tritt Baumsaft aus, den die Käfer mögen. Damit sich die Larven gut entwickeln, benötigen sie morsche Wurzelstöcke in mindestens 40 Zentimeter Tiefe. Dort ernähren sie sich von morschem Holz und zersetzen es zu Humus. Die Verpuppung der Käfer findet erst nach fünf bis sieben Jahren statt, die Lebensdauer der Käfer beträgt nur wenige Wochen.
Mit der Umsetzung des Alt- und Totholzkonzepts erhöhen wir den Anteil an liegendem, starken Totholz im Wald. Wir erhalten alte Eichen, fördern aber gleichzeitig auch die Verjüngung von Eichenwäldern, damit der Hirschkäfer auch in Zukunft noch ausreichend Lebensraum findet.