Staatssekretär Christian Kühn überreicht Förderscheck über 178.000 Euro für Klimaanpassung im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald

Landkreis bei der Klimaanpassung mit an der Spitze

Staatssekretär Christian Kühn, Gabi Rolland MdL, die MdB Chantal Kopf und Christoph Hoffmann sowie Sabine Barden, Klimaschutzreferentin des Landkreises (von links)


Als erster Landkreis in Baden-Württemberg und als einer von vier in Deutschland wird der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit für seinen Einsatz in Sachen Klimaanpassung gefördert. Knapp 180.000 Euro erhält der Landkreis in den nächsten beiden Jahren dafür, dass er das Thema Klimaanpassung systematisch angeht.

Klimawandel ist im Landkreis spürbar

Die Einwohnerinnen und Einwohner im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald bekommen den Klimawandel mittlerweile deutlich und in vielfältiger Weise zu spüren. Quellen versiegen, die Dürre der letzten Wochen hat die Dreisam sowie viele Bäche in der Region trocken fallen lassen. Landwirte haben Not, ihr Vieh zu tränken, fahren Wasser aufwändig und zu hohen Kosten auf die Weiden. Im ganzen Landkreis ist ein großer Teil der diesjährigen Heuernte ausgefallen. Stattdessen werden jetzt die wegen Wassermangel klein geratenen und verdorrten Maispflanzen verfüttert und so wird es bis zum nächsten Frühjahr absehbar knapp mit dem Viehfutter. Zugleich droht das Schreckgespenst des Starkregens, der immer und überall niedergehen kann. So gerade in der letzten Woche geschehen, als schwere Gewitter quer durch Baden-Württemberg Keller volllaufen ließen. Der Deutsche Wetterdienst hatte Anfang August für Messstationen im Landkreis die höchste Waldbrandgefahrenstufe 5 ausgerufen. Im Juli und August brannten Wald und Vegetation im Hochschwarzwald unter anderem am Schluchsee. Das Kreisforstamt hat alle Waldbesitzenden aufgefordert, ihre Fichten- und Tannenwälder verstärkt auf den rasant zunehmenden Borkenkäferbefall zu kontrollieren. Waldarbeiter schlagen diese Tage wieder in großer Zahl befallene Bäume.

Klimakonzept beschlossen

Der Klimawandel ist da und der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald wird das Thema Klimaanpassung systematisch und engagiert angehen. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Kreistag die Erarbeitung eines Klimaanpassungskonzepts beschlossen. Den Antrag des Landkreises zur Förderung eines nachhaltigen Anpassungskonzepts hat das Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz nun als einen der ersten vier Landkreisanträge in Deutschland und als ersten in Baden-Württemberg für förderwürdig befunden. Christian Kühn, der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz war eigens angereist, um dem Landkreis den Förderbescheid über 178.247,38 Euro persönlich zu übergeben. „In einem Landkreis wie dem Breisgau-Hochschwarzwald mit seiner enormen klimatischen Breite sehen wir die Notwendigkeit, aber auch beste Chancen für eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaanpassung und unterstützen die Anstrengungen vor Ort nach Kräften“, sagte der Bundestagsabgeordnete Christian Kühn.

Mit seinem Klimaanpassungskonzept verfolgt der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald das Ziel, seine Verwundbarkeit gegenüber den negativen Folgen des Klimawandels zu reduzieren und seine Widerstandsfähigkeit sowohl gegenüber dem langsam fortschreitenden Klimawandel als auch gegenüber Extremereignissen zu stärken. „Der Klimawandel macht sich in unserer Region immer deutlicher bemerkbar. Daher möchte der Landkreis das Thema Klimaanpassung proaktiv angehen und vor allem den Städten und Gemeinden Unterstützung dabei bieten, mit den sich verändernden Lebensbedingungen besser zurecht zu kommen“, betonte die Klimabeauftragte des Landkreises, Sabine Barden, die stellvertretend für Landrätin Störr-Ritter den Scheck entgegennahm.

Das Konzept legt den inhaltlichen Schwerpunkt auf die eigenen Zuständigkeiten des Landkreises, z.B. die Forst-, Land- und Wasserwirtschaft, den Katastrophenschutz, die Dezernate für Soziales und Gesundheit und die Fachbereiche Hochbau, Schulen und Gebäudemanagement. Es werden jedoch weitere wichtige Akteure aus dem Landkreis beteiligt, insbesondere die 50 Städte und Gemeinden im Landkreis. Gemeinsam werden Maßnahmen erarbeitet, die dabei helfen, sich besser an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Aufgrund der bereits heute großen Betroffenheit wird ein besonderes Augenmerk auf Hitze und Dürre gelegt.

Landkreis als Dienstleister für Gemeinden

Da der Landkreis sich bei der Klimaanpassung als Dienstleister für seine 50 kreisangehörigen Städte und Gemeinden versteht, sollen die eigenen Zuständigkeiten in den Fokus genommen werden, so dass die Fachbereiche zukünftig sowohl mit ihrer fachspezifischen Kenntnis als auch als vernetzte Organisationseinheit eines Landkreises den Kommunen eine ganzheitliche Unterstützung für die Klimaanpassung vor Ort bieten können.

Vorrangig diese möchte er befähigen, mit fachlicher Unterstützung eines vernetzt handelnden Landratsamtes strukturiert und ihren individuellen Gegebenheiten entsprechend dem Klimawandel begegnen zu können. Im Landkreis spielen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden als Akteure eine wichtige Rolle, da sie zum einen über Flächen verfügen, auf denen Anpassungsmaßnahmen umgesetzt werden können und zum anderen wichtige Multiplikatoren in Richtung der Bürgerschaft und der ortsansässigen Betriebe sind, die ihrerseits Anpassungsmaßnahmen umsetzen können. Viele Kommunen im Landkreis fühlen sich vom Thema Klimaanpassung überfordert, zumal die meisten von ihnen weniger als 5.000 Einwohner haben und entsprechend nur über sehr begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen verfügen.

Schritte und Maßnahmen

Im ersten Erarbeitungsschritt werden im Rahmen der Bestandsanalyse schon laufende Klimaanpassungsaktivitäten in den verschiedenen Sektoren zusammengetragen. Anhand der vom Land zur Verfügung gestellten Daten zu wichtigen Klimaparametern wie der Zahl der Hitzetage und maximale Niederschlagsmengen pro Tag wird aufgezeigt, wie sich das regionale Klima bereits verändert hat. Die Projektionen für die Jahre 2050 und 2100 machen deutlich, auf welche Herausforderungen sich die Region einstellen muss. Unter Einbeziehung des im Landratsamt vorhandenen Fachwissens werden die im Landkreis relevanten Handlungsfelder identifiziert, die in Bezug auf dem Klimawandel analysiert werden sollen. Die folgende Betroffenheitsanalyse macht deutlich, in welchen Handlungsfeldern und in welchen Teilräumen im Landkreis eine besonders hohe Betroffenheit herrscht. „Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald ist aus klimatischer Sicht sehr vielfältig, denn er reicht vom Oberrheingraben als einer der wärmsten Regionen Deutschlands bis zur subalpinen Zone am fast 1.500 m hohen Feldberg“, erklärt Sabine Barden vom Fachbereich Wirtschaft und Klima des Landratsamtes, die den erfolgreichen Förderantrag verfasst hat.

Ergebnisse der räumlichen Analyse sind Karten, die lokalspezifische Klimarisiken sowie besonders betroffene Hot-Spots darstellen. Mithilfe von Experten erfolgt eine Einschätzung der Anpassungskapazität im Landkreis in diesen Handlungsfeldern. Dabei werden sowohl finanzielle und personelle Ressourcen als auch technische und organisatorische Möglichkeiten sowie sonstige Rahmenbedingungen berücksichtigt. Im Rahmen der Akteursbeteiligung werden außerdem Maßnahmen für die Anpassung an den Klimawandel formuliert. Die Maßnahmen adressieren die naturbasierte Anpassung, das Feld der Information und des Wissensaufbaus und den Bereich Infrastruktur und Technologie.

Es werden Klima-Risiko- und Klima-Maßnahmen-Karten erstellt, die eine Hilfestellung für künftige Fachplanungen der Kommunen im Landkreis bieten. Nach Abschluss des Anpassungskonzeptes sollen die Ergebnisse für die einzelnen Kommunen im Landkreis in Form von Steckbriefen aufbereitet werden. Mit diesen Arbeitsergebnissen und planerischen Werkzeugen ist der Landkreis gerüstet, seine Kommunen bei der Klimaanpassung vor Ort tatkräftig zu unterstützen.

Entwicklung von Prozessen und Strukturen

Das Anpassungskonzept soll auch auf Chancen des Klimawandels aufmerksam machen, z.B. für den Tourismus in Form der Verlängerung der Saison für sommerliche Freizeitaktivitäten. Gleichzeitig soll es Maßnahmen zur Schaffung von Synergien formulieren. Als Beispiel sei der Mehrfachnutzen von Dachbegrünung genannt, u.a. für die Temperierung von Gebäuden im Sommer und Winter, die Steigerung der Biodiversität und die Entlastung des Abwasserkanalsystems durch Regenwasserrückhaltung.

Flankierend werden geeignete Organisationsstrukturen und Prozesse entwickelt, Zeithorizonte, Verantwortlichkeiten und Budgets geklärt, Controlling-Strukturen konzipiert und zielgruppenspezifische Kommunikationsmethoden aufgezeigt, um das Thema Klimaanpassung dauerhaft in der Kreisverwaltung und im Landkreis zu verankern und die gemeinsame Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen zu gewährleisten.

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