Die öffentliche Wasserversorgung muss sicherstellen, dass Wasser in ausreichender Menge und in guter Qualität derzeit und zukünftig zur Verfügung steht. Dafür sind vorsorgende Maßnahmen in Bezug auf Versorgungssicherheit und Güte erforderlich. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets und die Einführung von Schutzbestimmungen stehen im Zentrum solcher Vorsorgemaßnahmen.
Kurze Historie zum Verfahren in Titisee-Neustadt
In Titisee-Neustadt erfolgte die Feststellung des Bedarfs zur Überarbeitung der bestehenden Wasserschutzgebiete Anfang der 2000er und insbesondere nach der Niederbringung des zusätzlichen Tiefbrunnens Seehöfe (heute Tiefbrunnen VI) im Jahr 2007, für den noch kein Schutzgebiet vorhanden war.Dies führte dazu, dass mit Schreiben des LRA vom 12.12.2011 ein Gutachten zur Neuabgrenzung der Schutzzonen beim Landesamt für Geologie Rohstoffe und Bergbau (LGRB) beauftragt wurde. Dieses Gutachten wurde am 02.02.2012 fertig gestellt und enthielt im Wesentlichen bereits die aktuelle Schutzzoneneinteilung.Auf der Grundlage eines fachlich erforderlichen Folgegutachtens ergaben sich dann im Vergleich zur Abgrenzung von 2012 kleinere Veränderungen der Grenze zwischen den Schutzzonen II und IIIA im Gewann „Obere Aigen“.
Abgesehen davon sind die im Gutachten dargestellten Schutzzonen mit zugehörigen Schutzbestimmungen seit 2012 vorläufig eingeführt und werden seither auch bei allen Planungsvorhaben fachtechnisch berücksichtigt.
Mit der aktuellen Festsetzung des Wasserschutzgebiets, d.h. mit Erlass der Rechtsverordnung erfolgt gegenüber dem 2012 vorläufig eingeführten Status keine Ausweitung der Schutzzonen und keine Verschärfung von Schutzbestimmungen, sondern das seit 2012 Bestehende wird in eine neue und hierfür vorgesehene Rechtsform gebracht.
Situation der Wasserversorgung in Titisee-Neustadt
In Titisee-Neustadt ist die Ausgangslage (d.h. Wassermenge und Qualität) - im Unterschied zu vielen anderen Gemeinden des Hochschwarzwalds und der Baar - außergewöhnlich gut. Umso wichtiger ist es, dieses Wasservorkommen ausreichend für die Zukunft zu schützen und zu erhalten. Ein Teil des Trinkwassers für die Versorgung der Stadt Titisee-Neustadt kommt aus dem See, wenn auch nicht direkt, sondern indem es von dort in die Kiese und Sande im oberen Gutachtal einsickert, oder indem es oberirdisch zunächst über das Auslassbauwerk in die obere Gutach abfließt und dann aus dem Gewässerbett in den darunterliegenden Grundwasserkörper einsickert. Weitere Herkunftsorte für das Trinkwasser in Titisee-Neustadt sind Nebengewässer der Gutach mit ihren Einzugsgebieten, wie z.B. den Josbach, die Langenordnach oder das Altenwegbächle, die umgebenden Talhänge im Gutachtal, und natürlich auch Regen- und Schneeschmelzwasser, das im Stadtgebiet von Titisee-Neustadt und auf umgebenden Grünflächen direkt ins Grundwasser versickert. Über 6 Tiefbrunnen wird das unterschiedlich tief liegende Grundwasser fast ohne Aufbereitung gefördert. Es wird über Kies- und Sandschichten auf natürliche Weise gefiltert. Allerdings sind diese Filterschichten nicht überall gleich wirksam. Während das untere Kieslager und die tiefen Entnahmen gut geschützt sind, kann es im oberen Teil des Grundwasserleiters leichter zu Schadstoffeinträgen kommen (z.B. durch die Lagerung und Ausbringung von Mist, Straßenabrieb, Pflanzenschutzmittel etc.). Die Ergiebigkeit des oberen Grundwasserleiters ist aber deutlich größer, so dass die Stadt auch auf dessen Nutzung angewiesen ist. Kurz gesagt (und sehr stark vereinfacht): der untere Grundwasserleiter ist ausreichend geschützt, führt aber zu wenig Wasser. Der obere Grundwasserleiter führt ausreichend Wasser, ist aber anfälliger für Verunreinigungen. Wie überall häufen sich auf Grund des Klimawandels auch in Titisee-Neustadt heiße und trockene Sommer. Das Stadtgebiet wird über Mischwasserkanäle (enthalten Schmutz- und Regenwasser) entwässert und über einen Hauptsammler zur Kläranlage transportiert.Bei Starkregen kann es vorkommen, dass der Hauptsammler die anfallenden Wassermengen nicht mehr aufnehmen kann. Bei einer ‚Entlastung‘ (d.h. Überläufen aus dem Kanalsystem) von Mischwasser in die Gutach kann das belastete Wasser teilweise in den Grundwasserleiter einsickern. Die Stadt Titisee-Neustadt plant daher den Neubau des Hauptsammlers in ausreichender Dimension, um Mischwasserentlastungen in die Gutach zukünftig zu vermeiden.
Kriterien zur Abgrenzung eines Schutzgebiets und Schutzzonen
Das Schutzgebiet zur Trinkwasserversorgung Titisee-Neustadt muss so bemessen sein, dass für das gesamte, den Brunnen im Gutachtal zuströmende Grundwasser ein angemessener und ausreichender Schutz erreicht wird.
Dabei werden 3 Schutzzonen unterschieden:
Fassungsbereich (Zone I)
Engerer Schutzbereich (Schutzzone II)
Weiterer Schutzbereich (Schutzzone III)
Die Zone I umfasst den unmittelbaren Fassungsbereich um die Brunnen, für den ein Betretungsverbot für nicht befugte Personen ausgesprochen ist.Die Zone II (engere Schutzzone) soll das Grundwasser im Nahbereich eines Brunnens vor einem Eintrag von Krankheitserregern und sonstigen hygienischen Beeinträchtigungen schützen. Umschlossen wird ein Bereich, von dem aus das Grundwasser eine Fließzeit von nicht mehr als 50 Tagen bis zum Brunnen benötigt.Die Zone III (weitere Schutzzone) umfasst den gesamten Bereich bis zur Grenze des Einzugsgebiets der Brunnen. Bei einem weitreichenden Schutzgebiet, wie das in Titisee der Fall ist, wird die Zone III noch einmal in die Zonen IIIA und IIIB unterteilt, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass mit zunehmender Entfernung von der Zone I das Gefährdungspotential aufgrund längerer Fließwege und Fließzeiten abnimmt und Schutzbestimmungen gelockert werden können. Die Bemessung der erforderlichen Größe der Schutzzonen erfolgt letztlich auf der Grundlage von computergestützten Fließmodellen und Wassermengenbilanzen, und wird von der zuständigen Fachbehörde, dem Landesamt für Geologie Rohstoffe und Bergbau (LGRB) durchgeführt. Die Ergebnisse der Berechnungen sind in Fachgutachten dargestellt.
Das Verfahren zur Ausweisung eines Wasserschutzgebiets in 3 Schritten
1. Schritt: Hydrogeologische Abgrenzung
Die Abgrenzung eines Schutzgebiets erfolgt auf Antrag des Wasserversorgers, also hier der Stadt Titisee-Neustadt. Zunächst führt das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB) als zuständige Fachbehörde basierend auf Fließmodellen eine hydrogeologische Abgrenzung durch. Im Ergebnis wird ein Fachgutachten erstellt, dass u.a. einen Abgrenzungsvorschlag als Kartendarstellung für das zukünftige Schutzgebiet enthält (siehe oben). Ab Veröffentlichung des hydrologischen Gutachtens ist das Wasserschutzgebiet fachtechnisch abgegrenzt. Dies bedeutet konkret, dass seit 2012 alle Vorhaben nach den fachtechnischen Kriterien eines Wasserschutzgebietes bemessen und zugelassen werden.
2. Schritt: Feinabgrenzung und Erstellung der Antragsunterlagen
Der Wasserversorger beauftragt ein Fachbüro, das in Absprache mit der Unteren Wasserbehörde beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald die Antragsunterlagen für das Schutzgebietsverfahren als Entwurf zusammenstellt. Hierfür ist erforderlich, dass A. Schutzzonengrenzen an Flurstückgrenzen und die Topographie angepasst werden (sog. Flurstückgenaue Abgrenzung)
B. VorgegebeneSchutzbestimmungen aus dem technischen Regelungswerk des Landes Baden-Württemberg an die Situation im Einzelfall angepasst werden Hierbei gilt: die Anpassung von Schutzbestimmungen an den Einzelfall erfolgt nach fachlichen Kriterien. Zum Beispiel ist es in Titisee-Neustadt in Zone II möglich, die sehr restriktiven Vorgaben zum Ausbringen von Festmist zu lockern, auf Grund einer ausreichend großen Grundwasserüberdeckung.
3. Schritt: Schritt: ‚Festsetzung‘ des Schutzgebiets mit Erlass der Rechtsverordnung
Zunächst erfolgt die öffentliche Auslegung der Antragsunterlagen und es können bei Betroffenheit Einwendungen eingelegt werden, die von der Unteren Wasserbehörde im weiteren Verfahren geprüft werden. Im Anschluss an die Auslegung, kommt es zur Festsetzung des Schutzgebiets mit Erlass der Rechtsverordnung durch die Untere Wasserbehörde beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald. Im Textteil der Rechtsverordnung ist u.a. der begünstigte Wasserversorger benannt (hier die Stadt Titisee-Neustadt), die räumliche Erstreckung der Schutzzonen beschrieben und die Schutzbestimmungen sind aufgelistet. Darüber hinaus enthält die Rechtsverordnung weitere Regelungen, u.a. zur Möglichkeit der ‚Befreiung‘ d.h. zum Aussetzen einzelner Schutzbestimmungen auf Antrag. Für mehr Informationen siehe FAQs. Im Kartenteil der Rechtsverordnung sind die einzelnen Schutzgebietszonen flurstückgenau in Karten dargestellt, wobei für den Fassungsbereich (Zone I) die Farbe Rot verwendet wird, für den engeren Schutzbereich die Farbe Gelb (Zone II) und für den weiteren Schutzbereich (Zone III) die Farbe Grün. Bei Unterscheidung in die Zonen IIIA und IIIB werden die Farben dunkelgrün (Zone IIIA) und hellgrün (Zone IIIB) verwendet.